1866: Am Ende war Königgrätz

Gábor Orbán

Taktik und Strategie im preußisch-österreichischen Krieg

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den ´Ursachen´ der österreichischen Niederlage im Jahre 1866 ist so alt wie der Krieg gegen das aufstrebende Preußen selbst. Bereits unmittelbar nach dem Krieg wurde die Suche nach den Gründen der Misserfolge eifrig vorangetrieben. Man glaubte damals, die Schuld in den Fehlentscheidungen der Heeresleitung und speziell in der Person des Oberkommandierenden der k.k. Nordarmee, Feldzeugmeister Ludwig von Benedek, gefunden zu haben. Diese einseitige Erklärung und die Debatte über die sogenannte ‚Schuldfrage‘ wurde später differenzierter gesehen. Im 20. Jahrhundert suchte man die Hintergründe der Niederlage einerseits auf einer politischen, andererseits auf einer militärischen Ebene, wobei beide Aspekte miteinander eng verflochten sind. Als Untersuchungsobjekte der militärischen Sichtweise werden auch heutzutage hauptsächlich die Entwicklung der Waffentechnik, die (strategisch-) operativen Fehler während des Feldzuges und die infolge der drastischen Sparpolitik auftretenden Mängel der k.k. Armee definiert. Wenig Aufmerksamkeit schenkt man hingegen dem taktischen Verhalten auf dem Schlachtfeld. Im Jahre 1866 zog Österreich mit einer fast 60 Jahre alten Taktik in den Krieg gegen Preußen, die auf einer Überschätzung der historischen Tradition militärischer Werte basierte.

Der vorliegende Band nimmt genau diesen Aspekt unter die Lupe. Im Kontext bewaffneter Konflikte seit den Revolutions- und Koalitionskriegen gegen Frankreich wird die österreichische militärische Doktrin, insbesondere die Taktik, vorgestellt und systematisch analysiert. Dabei setzt sich diese Abhandlung kritisch mit dem rückständigen Rekrutierungs- sowie Ausbildungssystem der Zeit auseinander und lässt auch Themen wie Uniformierung und Ausrüstung, Alltagsleben der Soldaten oder Kommunikation nicht unberührt. In den Mittelpunkt der Untersuchung rücken jedoch erstens der seitens der Österreicher verachtete Gebrauch von Feuerwaffen sowie zweitens der unerschütterliche Glaube an die Unbesiegbarkeit der eigenen geschlossenen Gefechtsformationen. Eine besondere Rolle wurde hier dem Bajonettangriff zugesprochen. Es werden des Weiteren das Zusammenwirken der Waffengattungen im Krieg aufgezeigt und auf die komplexen Zusammenhänge strategischer und taktischer Vorstellungen hingewiesen. Es wird erkennbar, dass die k.k. österreichische Armee zu einer der letzten ‚napoleonischen‘ Streitkräfte überhaupt gehörte und mit ihrer bewunderungswürdig mutigen, aber hoffnungslos veralteten Kampfweise im industriellen Zeitalter auf verlorenem Boden stand.

Ausstattung
  • 176 Abbildungen, darunter viele Karten, Reproduktionen zeitgenössischer Fotos und farbige Zeichnungen
  • 224 Seiten
  • Paperback
Rezensionen

Wie konnte es passieren, dass Österreich im „Deutschen Bruderkrieg“ 1866 innerhalb weniger Tage von Preußen in die Knie gezwungen wurde? Welche Versäumnisse sind der k. k. Armee im Vorfeld des Krieges anzulasten, welche Fehler hat sie in der Entscheidungsschlacht bei Königgrätz begangen? Diesen Fragen geht der Historiker Gabor Orb an in seiner jüngst vorgelegten Untersuchung auf den Grund. Dabei nimmt er Organisation, Führung, Ausbildung und Kampfweise der beteiligten Armeen in den Blick und arbeitet u. a. heraus, inwiefern die k. k. Armee, mehr als andere europäische Streitkräfte, noch einem „napoleonischen Kampfgeist“ verhaftet war und was dieser zur Niederlage beigetragen hat. Neben der hervorragenden fachlichen Aufarbeitung des Themas ist bei dem Buch die gelungene Illustrierung zu würdigen. Zahlreiche eigens erstellte Karten, Uniformdarstellungen und technische Zeichnungen führen die Akteure von 1866 sowie den Schlachtverlauf vor Augen und lassen beispielsweise die Bedienungsschritte der verwendeten Gewehre nachvollziehen, auf die die Forschung lange fokussiert war. JMB

(Militär & Geschichte, Heft Februar/März 2024, Seite 78)

Preis: 39,95 €
ISBN: 978-3-96360-064-7
Bestellnummer Zeughaus Verlag: 5Z247
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